Wir alle haben wohl ein paar Angewohnheiten, die sich nach und nach in unseren Alltag geschlichen haben, obwohl wir genau wissen, dass sie nicht gut sind. Doch Gewohnheiten abzulegen ist eine ziemlich schwierige Angelegenheit.
Nicht umsonst scheitern die Neujahrsvorsätze jedes Jahr und nicht ohne Grund bemüht sich die Wissenschaft um genauere Erkenntnisse darüber, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit Menschen ihre Ziele auch erreichen.
Seit Junior unser Leben bereichert, habe ich jedoch bemerkt: (Fast) Nebenbei legt man als Eltern einige schlechte Angewohnheiten nach und nach ab. Denn wer das Beste für sein Baby will, muss oftmals zwangsläufig auch gewohnte und mitunter liebgewonnene Routinen hinterfragen.
In diesem zweiteiligen Artikel erfahrt ihr, welche schlechten Angewohnheiten Junior uns nach und nach abgewöhnt hat und wie es dazu kam. Vielleicht kommt euch die ein oder andere Verhaltensänderung bekannt vor? Und nun viel Spaß beim zweiten Teil (hier geht es zu Teil 1)!
6. Gedanklich nur um sich selbst kreisen: Keine Egomanie-Gefahr dank Baby
Was ziehe ich heute an? Passt mein Schmuck zu den Farben meines Outfits? Trage ich meine Haare offen oder binde ich sie zum Zopf? Ist das da etwa eine Falte in meinem Gesicht?
Was hat vorhin bloß dieses komische Augenrollen von Anna bedeutet? War sie genervt von mir? Vielleicht rede ich ihr zu viel?
Fand die Kollegin meine Präsentation wirklich gut oder war sie nur höflich?
In meinem Leben vor Junior gingen mir viele Dinge durch den Kopf, die eigentlich ziemlich unwichtig für ein erfülltes Leben sind. Aus heutiger Sicht erschreckt es mich, wie viel Raum Oberflächliches und das Bild, das ich vor anderen abgeben wollte, von meinem Tag einnahmen. Natürlich ist es mir nun nicht gleichgültig wie ich aussehe oder was meine Mitmenschen über mich denken.
Doch ewige An- und Umziehaktionen vor dem Kleiderschrank und zeitraubende Überlegungen, welche Frisur oder Lidschattenfarbe es denn heute sein dürfen, sind mit Baby bei mir definitiv Geschichte. Und wenn ich mir nicht sicher bin, wie mein Gegenüber etwas gemeint hat und mir dessen Meinung wichtig ist, dann frage ich einfach nach. Ich habe durch den kleinen Sonnenschein echt Wichtigeres zu tun, als Vermutungen darüber anzustellen, was wer wirklich wie gemeint haben könnte.
Nie habe ich meinen Koffer für den Urlaub dermaßen schnell gepackt, wie bei unserer ersten Reise als kleine Familie. Am Morgen des Anreisetages benötigte ich rekordverdächtige 45 Minuten für das, bei mir ziemlich unbeliebte, Packen. Meine Kosmetiktasche war ungewohnt klein und ich habe nicht (wie früher) für jeden Tag drei Outfits zur Auswahl mitgenommen. Und ja, natürlich habe ich etwas vergessen: Der Bikini blieb zu Hause. Wie schön, dass es an die Ostsee ging (das Wasser war aber so kalt, dass ich den Bikini glücklicherweise auch nicht gebraucht hätte).
Als eine Freundin vor kurzem zu mir sagte, dass sie nicht gedacht hätte, dass ich in der Mutterrolle so aufgehen würde, fragte ich gleich nach, wie sie das meint. So entging ich dem späteren Grübeln, ob das nun ein Kompliment sein sollte oder wie diese Aussage wohl zu verstehen ist.
Die Entwicklung weg vom gedanklichen Um-sich-selbst-kreisen durch Junior bewerte ich als sehr positiv. Zum ersten Mal habe ich in meinem Leben als Frau ein Gefühl dafür, wie befreiend es sein kann, sich etwas vom Schönheitsdruck zu lösen. Wohin die Gedanken schweifen können, wenn ich mir keinen Kopf über meine Beliebtheit bei XY mache und mich selbst einfach nicht im Fokus habe, ist eine ganz neue Erfahrung für mich. Ich muss nur aufpassen, dass ich nicht 24 Stunden lang über meinen süßen Sohn nachdenke. Denn das ist auf Dauer sicher auch nicht gesund …
7. Die Signale des Körpers ignorieren: Mehr Selbstfürsorge dank Baby
Diese schlechte Angewohnheit – das Ignorieren der Signale, die unser Körper uns gibt – sollen Eltern durch ihr Baby ablegen? Ja, ich weiß. Das klingt erstmal widersprüchlich. Denn ich habe in meinem Blog bereits einige Male erwähnt, dass das Leben mit Baby nicht nur wunderschön ist und Grundbedürfnisse wie die Nahrungsaufnahme, der Toilettengang oder Schlaf im Babyalltag auch mal warten müssen.
Doch je älter Junior wird, desto entspannter wird das Leben wieder. Denn unsere Mahlzeiten nehmen wir seit ein paar Wochen alle zusammen ein (ein Hoch auf „Baby-led-Weaning“), Junior schläft tagsüber auch ohne mich und am Abend habe ich meist auch ein paar Stunden Zeit, um all das zu tun, wozu ich tagsüber nicht gekommen bin. Und während ich früher solche Auszeiten und Zeitfenster wohl fürs Faulenzen vor der Glotze oder ausgiebige Bäder genutzt hätte, setze ich durch den kleinen Schatz nun ganz andere Prioritäten. Schließlich verlangt einem das Leben als Mama einiges ab.
Meine Überzeugung: Gut gelaunt durch den Babyalltag kommen frischgebackene Eltern nur, wenn sie auf sich achten. Das ist in einer Lebensphase, in der die Zeit für sich erstmal wesentlich knapper wird (und Zeit bleibt – trotz der soeben beschriebenen Entwicklung – ein knappes Gut), natürlich leichter gesagt als getan. Doch meine Erfahrung ist: Das Bedürfnis, gut zu sich selbst zu sein, steigt als Mutter stark an. Vielleicht spult mein Körper, geflutet von unzähligen Hormonen, ein evolutionäres und über Jahrtausende bewährtes Programm ab, damit ich fit für die Versorgung meines, von mir abhängigen, Babys bin?
Oberste Priorität hat für mich defintiv mein Schlaf. Wenn ich also müde bin, dann höre ich auf meinen Körper und schlafe auch eine Runde, sobald sich die Möglichkeit bietet. Denn sehr schnell habe ich als Mama gelernt: Unausgeschlafen macht der Babyalltag keinen Spaß. Und die Rechnung, auf Schlaf zu verzichten, um irgendwas vermeintlich wichtiges zu erledigen, geht meiner Erfahrung nach nicht auf. Müde erledigt man Dinge häufig halbherzig und / oder fehlerhaft. Im Zweifel hat man sich so also erheblichen Mehraufwand eingebrockt. Da lohnt es eher, ein Nickerchen zu machen und die wichtigen Dinge dann wach(er) bei nächster Gelegenheit anzugehen. Meinem Schlaf- und Ruhebedürfnis gebe ich als Mutter also schon mal viel mehr nach.
Doch nicht nur in diesem Bereich bemühe ich mich, freundlich zu mir selbst zu sein. Mein Wohlbefinden ist einfach größer, wenn ich ausgewogen und gesund esse. Und ich kenne keinen besseren Grund als ein, an unseren Familienmahlzeiten teilhabendes und mitessendes Baby, um das Thema gesunde Ernährung anzugehen. Bei uns heißt das konkret weniger Fleisch, hochwertigere Produkte, weniger industriell verarbeitete Speisen und mehr bio.
Auch das Thema Bewegung hat für mich einen neuen Stellenwert eingenommen: Vor der Schwangerschaft ging ich mehrmals in der Woche ins Fitnessstudio. Meine Motivation bestand vor allem darin, gut auszusehen und schlank zu sein. Mittlerweile schaffe ich es, mit einem gewissen organisatorischem Aufwand, wenigstens ab und an eine Sporteinheit in meinen Mama-Alltag einzubauen. Mein Fokus liegt nun jedoch viel stärker auf der Gesunderhaltung meines Körpers. Um Junior täglich ohne Schmerzen herumtragen zu können, brauche ich einfach eine gewisse Fitness. Insbesondere mein Rücken dankt mir für jede Bewegungseinheit.
Ach und bevor ich dieses Thema vergesse: Seit meiner Schwangerschaft habe ich keinen Tropfen Alkohol mehr angerührt. Nun habe ich auch davor nur selten Cocktails, Sekt und Co. genossen. Ich bin jedoch felsenfest davon überzeugt, dass der komplette Verzicht meiner Gesundheit trotzdem sehr gut tut.
Sieht man also von der Zeit im Wochenbett einmal ab (wenig Bewegung, wenig Schlaf, viel Tiefkühlkost …), lebe ich durch mein Baby definitiv gesünder. Wenn das keine guten Zukunftsaussichten sind 😉
8. Sich keinen Kopf um Nachhaltigkeit machen: Ein höheres Umweltbewusstsein dank Baby
Wie in meinem Artikel über meine Besuche im Biomarkt um die Ecke (hier zu lesen) bereits anklang, habe ich durch Junior ein höheres Bewusstsein dafür entwickelt, welche Spuren ich mit meinem Verhalten in dieser Welt hinterlasse. Die Umwelt war mir auch früher nicht egal, doch wirklich konsequent war ich nie bei meinen Versuchen ressourcensparender und nachhaltiger zu leben. Doch wenn der eigene Nachwuchs das Licht der Welt erblickt, ist die Motivation, unserer Umwelt etwas Gutes zu tun, auf einmal wesentlich größer.
Ich gebe zu, dass hier egoistische Motive eine Rolle spielen. Ich achte verstärkt auf meinen ökologischen Fußabdruck, da es mein Wunsch ist, dass Junior auch noch die Schönheit unseres Planeten entdecken kann. Papa Junior hat in den letzten Monaten ebenso sein Herz für die Umwelt entdeckt. So lässt er beispielsweise häufiger das Auto stehen, um mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit zu düsen. Wir benutzen nur noch Naturkosmetik (das fällt mir wirklich schwer bei Haarspray – mein früheres Lieblingsspray ist allerdings derart umwelt- und gesundheitsschädigend, dass der Kauf wirklich nicht mehr vertretbar war) und essen, wie schon erwähnt, seltener Fleisch.
Uns kommen auch keine aggressiven Chemiekeulen für strahlende Sauberkeit mehr ins Haus. In unseren Taschen und im Auto befinden sich immer Stoffbeutel, damit wir beim Spontaneinkauf keine Tüten kaufen müssen. Von der Wegwerfwindel haben wir uns ja auch schon vor einer ganzen Weile verabschiedet (lest hier, wie es dazu kam). Feuchttücher benutzen wir ebenso nicht mehr (Waschlappen reichen vollkommen aus, sind viel günstiger und, im Gegensatz zu Feuchttüchern, sehr hautverträglich). In der Bibliothek sind wir Stammkunden. Bevor wir etwas kaufen, dass wir nur selten brauchen, fragen wir erstmal im Familien- und Bekanntenkreis nach, ob wir uns das benötigte Teil nicht leihen können.
Wir sind uns darüber bewusst, dass unsere Verhaltensänderungen kleine Schritte sind und wir die Welt so sicher nicht vor dem Klimawandel retten. Doch es ist ein guter Anfang und wenn Viele kleine Schritte gehen, kann etwas Großes entstehen, dass eben doch einen Unterschied macht.
9. Geld verpulvern oder auf dem Tagesgeldkonto versauern lassen: Sparsamer und besser informiert in Finanzfragen dank Baby
Papa Junior und ich sind, wenn es um das liebe Geld geht, sehr unterschiedlich. Seit Jahren führe ich gewissenhaft mein Haushaltsbuch (eine tolle App auf dem Smartphone natürlich), lote vor jedem Einkauf das Sparpotenzial durch ausgiebigen Coupon-Einsatz oder eine Newsletter-Anmeldung aus (hierfür habe ich extra eine eigene E-Mail-Adresse eingerichtet) und lege schon am Monatsanfang einen festen Betrag für schlechte Zeiten (oder eine unbezahlte Verlängerung der Elternzeit) zurück.
Papa Junior misst dem Anhäufen von Ersparnissen und dem Sparen beim Einkaufen dagegen nicht so eine hohe Bedeutung bei. Während ich also im Kopf durchrechne, wie viel teurer unser Außer-Haus-Essen jetzt im Vergleich zum Selbstkochen war, schlägt Papa am nächsten Tag einfach nochmal einen Restaurantbesuch vor.
Ähnlich sind wir uns jedoch in folgender schlechter Angewohnheit: Altersvorsorge und sinnvolle Geldanlage sind für uns Fremdwörter. Unser Portfolio ist, nun ja, nicht sehr breit gefächert und besteht aus Tagesgeld- und Girokonto. Aber bevor ihr jetzt die Hände über dem Kopf zusammenschlagt: In diesem Artikel geht es ja um das Ablegen schlechter Angewohnheiten. Und beim Thema Finanzen sind wir gerade dran.
Papa Junior hat mit Freude entdeckt, dass mit Rabattcodes und Coupons mitunter ein ordentlicher Betrag eingespart werden kann. Ich hingegen habe die Elternzeit endlich mal dazu genutzt, um mit meinem Bankberater zu sprechen. Als ich sagte, dass wir nicht mal eine Hausratversicherung haben (jetzt schon – besser ist es wohl), war er zunächst überrascht.
Doch dann sagte er zu mir, dass er oft Kundinnen und Kunden berät, die da ähnlich schlecht wie wir aufgestellt sind. Und gibt es einen besseren Grund als das gemeinsame Kind, um in diesem Bereich nachzubessern?
10. Genervt von der Familie sein: Schätzen was man hat durch den eigenen Nachwuchs
Wir alle kennen sie – die Situationen und Momente, in denen man genervt ist von seiner Familie. Mama hält uns einen Vortrag, da wir uns zu selten melden, Oma weiß alles besser und Papa zerstört mit dem Beginn einer politischen Diskussion die bis dahin so friedliche Stimmung beim Weihnachtsessen.
Doch seit Junior da ist, fällt es uns viel leichter die Eigenarten unserer Angehörigen zu akzeptieren und uns stattdessen auf das Positive zu konzentrieren. Ein Baby macht, meiner Meinung nach, nicht nur gelassener im Umgang mit Nichtigkeiten (es ist einfach keine Energie da, um sie für Unwichtiges zu verschwenden), sondern auch unglaublich dankbar.
Im Vergleich zu all der Unterstützung und Liebe, die wir von unserer Familie bekommen, sind die anstrengenden Momente ein Witz. Wir können uns glücklich schätzen, dass wir viele Familienmitglieder in der Nähe haben, die alles stehen und liegen lassen, wenn wir Hilfe benötigen. Viele frischgebackene Eltern haben kein helfendes Netzwerk um die Ecke oder erfahren nicht in dem Maße familiäre Unterstützung, wie sie es sich wünschen.
Vor allem die Großeltern unterstützen uns, wo sie nur können und scheinen ihre neue Rolle sehr zu genießen. Und Junior? Der findet es toll, wenn Oma und Opa mal ganz andere Dinge mit ihm machen, als er von Mama und Papa gewöhnt ist. Durch Juniors Geburt wurde das, glücklicherweise bei uns beiden, gute Verhältnis zu unseren Eltern und den näheren Angehörigen noch inniger und besser.
Und noch etwas schätzt man als Eltern, sofern man wie wir eine glückliche Kindheit erleben durfte, viel mehr: Die Leistung und Liebe der eigenen Eltern. Nicht umsonst lautet ein japanisches Sprichwort: „Erst wenn man selbst Kinder hat, erkennt man der eigenen Eltern Güte.“
Wer mitgezählt hat, weiß bereits das meine Liste hier (vorläufig) am Ende ist. Welchen Punkt habe ich vergessen? Oder wollt ihr mir verraten, was das Leben mit älteren Kindern noch alles an Verhaltensänderungen bei euch nach sich zog? Ich freue mich auf eure spannenden Erfahrungen!
Dankbar und voller Vorfreude auf das, was der bunte Familienalltag künftig noch so zu bieten hat, grüßt euch
eure Jana