Die Aktion #Mompositivity vom wunderbaren Mama-Lifestyle Blog „Lotte & Lieke“ hat bereits viele tolle Beiträge und Denkanstöße von einigen Mama-Bloggerinnen hervorgebracht. Ich finde es großartig, dass hier einmal in den Fokus rückt, was wir Mütter gut machen. Denn leider, zumindest ist das mein Eindruck, sehen wir allzu häufig, was wir nicht schaffen oder können.
Ob wir allzu stark den Glaubenssatz „Eigenlob stinkt!“ verinnerlicht haben? Ich weiß es nicht. Und über die sicherlich komplexeren und tief in unserer Gesellschaft verwurzelten Gründe für unseren messerscharfen Blick auf die eigenen Defizite möchte ich an dieser Stelle auch gar nicht weiter nachdenken.
Stattdessen lade ich euch ein, die Mama kennenzulernen, die ich gern wäre. Und mich bei meiner Feststellung zu begleiten, dass Ehrlichkeit und gute Laune, oder eben #Mompositivity sehr gut zusammen passen.
Ein kurzes Vorwort
Dann wollen wir sie mal kennenlernen, die Mama, die ich gern wäre. Bereits an dieser Stelle muss ich euch allerdings warnen. Wer schon länger mitliest oder mich kennt, weiß von meinem Hang zum Perfektionismus. Auch nach einem Jahr als Mutter lautet mein Motto noch häufig „Ganz oder gar nicht! Ich gebe 120 %“.
Wobei ich wohl Zeit und Energie für mindestens 180 % bräuchte. Zumindest wenn es nach den mitunter aberwitzigen Plänen in meinem Kopf geht. Da schmiede ich Pläne für jede der Rollen, denen ich versuche gerecht zu werden. Pläne, die selbst dann kaum umsetzbar wären, wenn ich nur eine dieser Rollen wahrzunehmen hätte.
Da dieser Beitrag ganz im Zeichen der #Mompositivity steht, fokussiere ich mich in den nachfolgenden Zeilen auf meine Rolle als Mutter. Allerdings wäre es auch kein Problem für mich gewesen, für jede andere Rolle jeweils einen wortreichen Artikel über die hohen Ansprüche, mit denen ich mich als (zugegebenermaßen perfektionistische) Frau konfrontiert sehe, zu verfassen. Da ich das Frausein mit der Geburt Juniors jedoch nicht an der Kreißsaaltür abgab, zeigen sich trotz meiner Fokussierung auf die Mutter, die ich gern wäre, an einigen Stellen Schnittpunkte zu den anderen Bereichen meines Lebens.
Das perfekte Bild
Die Mama, die ich gern wäre ist stets liebevoll. Zu jeder Tages- und Nachtzeit macht es ihr nichts aus, zugewandt und aufmerksam auf die Bedürfnisse ihres Kindes einzugehen. Ist ihr Kind quengelig oder wütend, löst das in ihr niemals Frust, Wut oder gar das Gefühl der Hilflosigkeit aus. Sie begleitet ihr Kind einfühlsam und hilft ihm damit langfristig beim Umgang mit negativen Emotionen. Schlafmangel, gefühlt endlosen Stillsessions und den sich türmenden Wäschebergen begegnet sie souverän. Und mit einer bewundernswerten Gelassenheit.
Einen wohlwollenden Blick auf sich selbst zu werfen, fällt schwer. Vor allem wenn man das Mantra „Eigenlob stinkt“ verinnerlicht hat. Vielleicht ist es leichter gut zu sich selbst zu sein, wenn man die Augen für das Besondere im Alltag offen hält.
Die Mama, die ich gern wäre schafft scheinbar mühelos den Spagat zwischen den Extremen des dauernden und besorgten Umkreisens ihres Kindes („Helikopter“-Eltern sind ja derzeit in aller Munde …) und Vernachlässigung. Auch bei komplexen Fragen und Entscheidungen, wie zum Beispiel der Kinderbetreuung, behält sie einen kühlen Kopf. Und findet selbstverständlich den Weg, der perfekt zur Familiensituation passt.
Die Mama, die ich gern wäre ist sich ihrer Vorbildfunktion stets bewusst. Dementsprechend verhält sie sich natürlich auch. So weiß sie, dass sie die Verantwortung für eine gesunde Familienküche trägt (übrigens glaubt sie fest daran, dass Papa diese Verantwortung auch trägt. Nun ist sie aber in Elternzeit und damit für dieses Thema zuständig.). „Die ersten Jahre legen auch bei der Ernährung den Grundstein für das ganze Leben.“ Solche Sätze hat die Mama, die ich gern wäre, verinnerlicht. Und so plant und kocht sie täglich frisch, abwechslungsreich und gesund. Ihre Süßigkeitensucht, wenn sie denn überhaupt mal eine hatte, hat sie längst zum Wohle des Kindes abgelegt.
Als Vorbild streitet sich diese Mama beispielsweise auch niemals vor ihrem Kind mit dem Kindsvater. Überhaupt legt sie ein konstruktives Streitverhalten an den Tag. Endlose Sinnlos-Debatten und Machtkämpfe um den Haushalt oder die gerechte Aufgabenteilung für die vielen anderen Belange rund ums Kind kennt sie nur aus den Berichten ihrer Freundinnen.
Selbstverständlich ist die Mama, die ich gern wäre eine tolle Freundin. Und liebevolle Partnerin. Und nicht zu vergessen eine gute Tochter, Enkelin und Schwiegertochter. Sie hat stets ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte ihres Umfelds. Irgendwie schafft sie es mit Leichtigkeit, den wichtigsten Menschen in ihrem Leben genügend Zeit einzuräumen.
Die Mama, die ich gern wäre ist in allen Belangen top organisiert. Das beginnt bei der Hausarbeit und endet noch lange nicht beim Überblick über Arzttermine, Geburtstage, die Haushaltskasse oder anfallenden Papierkram. Ihr Zuhause ist jederzeit vorzeigbar und derart stilvoll eingerichtet, dass „Schöner Wohnen“ bei ihr Inspiration fände.
Das Thema Vereinbarkeit ist für die Mama, die ich gern wäre, unproblematisch. Da ihr Job ihre Berufung ist und ihren Stärken entspricht, liefert sie nicht nur hervorragende Arbeit ab. Sie hat auch noch Freude dabei. Sätze wie „Die Arbeit tut mir total gut und gibt mir die Energie, mich dann voller Freude mit meinem Kind zu beschäftigen.“ sprudeln aus ihrem Mund. Flexible Arbeitszeiten, Home Office und verständnisvolle Kolleginnen, Kollegen und Vorgesetzte kommen ihr entgegen. Doch auch ohne all diese großartigen Dinge, würde sie die Balance zwischen Arbeit und Familie schon finden. Schließlich ist ihr Partner eine großartige Hilfe und bereit eigene Karriereambitionen zurück zu stellen, sofern es für die geliebte Familie notwendig wäre. Neben Papa kann diese Mama, klar, auch auf ihr Netzwerk bauen. Wenn es hart auf hart kommt, ist garantiert jemand zur Stelle.
Um ihr Kind muss sich niemand sorgen. Die Mama, die ich gern wäre hat eine liebevolle Betreuung für ihr Kind, natürlich bestens informiert und an den Bedürfnissen ihres größten Schatzes orientiert (auch in Bezug auf das Startalter), sichergestellt. Hatte ich schon erwähnt, dass sie sich auch im Elternbeirat engagiert? Wo wir schon beim Stichwort Engagement sind: Da sie sich ihrer privilegierten Stellung und dem großen Glück in einem friedlichen, wohlhabenden Land zu leben bewusst ist, setzt sich für die Werte ein, die ihr wichtig sind und gibt der Gesellschaft etwas zurück.
Logisch: Die Mama, die ich gern wäre sieht gut aus. Sie achtet auf sich. Ein knackiger Körper, schön gestylte Haare sowie dem Anlass entsprechendes Make-Up und Kleidung sind ihr wichtig. Dafür nimmt sie sich gern die Zeit. Wobei sie für ein attraktives Erscheinungsbild gar nicht allzu viel davon benötigt. Schließlich geht sie meist bestens gelaunt und strahlend durchs Leben. Das Leben mit Kind gibt ihr einfach so wahnsinnig viel. Vor allem Glück. Und das sieht man ihr natürlich auch an.
Das echte Mama-Leben
Puuh. Ist nur mir ein bisschen schwindlig geworden beim Kennenlernen derMama, die ich gern wäre? Und bin ich die Einzige, die zu häufig (aber glücklicherweise immer seltener) denkt, dass sie all eben beschriebene tatsächlich mit einem Lächeln auf den Lippen wuppen muss? Nein, das glaube ich nicht.
Perfektionismus und der Wunsch, in jedem Bereich des Lebens Topleistungen zu erbringen, sind in unserer Gesellschaft definitiv keine Ausnahmeerscheinung. Mütter stehen unter ganz besonderer Beobachtung und sehen sich mit vielen Erwartungen und ebenso einigen, aus meiner Sicht, geradezu vorprogrammierten, Konflikten konfrontiert.
Ist eine gute Mutter nun die, die schnell wieder an den Arbeitsplatz zurückkehrt und Papa zu Hause das Steuer übernehmen lässt bzw. ihr Baby in die Krippe bringt? Oder ist eine gute Mutter doch die, die ihr Kind die ersten drei Jahre zu Hause selbst betreut und dem Job für mindestens diese Zeit ruhen lässt? Es ist doch so: Es wird immer Kritiker*innen am eingeschlagenen und individuellen Weg geben. Und da es wohl kaum eine Tätigkeit mit höheren selbst gesteckten Ansprüchen als den Mama-Job gibt, sind wir in diesem Bereich eben besonders angreifbar und geraten schnell ins Zweifeln an unseren Entscheidungen. Wir sollten es uns einmal vor Augen führen: Wir sind nach der Geburt unseres größten Schatzes verantwortlich dafür, dass dieser zu einem Erwachsenen wird, den wir mit gutem Gewissen auf die Menschheit loslassen können. Und der sich im Optimalfall auch noch einigermaßen wohl in der Gesellschaft dieser fühlt.
Bei so einer riesigen Verantwortung wollen wir natürlich alles richtig machen. Und uns zeitgleich beweisen, dass wir moderne, gebildete und attraktive Frauen sind, die ihr eigenes Geld verdienen und ein reges Sozialleben neben des Mama-Alltags vorweisen können.
Es mag sein, dass es Mütter gibt, die diesen irrwitzigen Balanceakt meistern. Und dabei glücklich sind. Doch ich habe in einem Jahr als Mutter gelernt, dass ein solches Leben ganz sicher nicht meines ist. Dass ich einfach nicht die Mutter sein kann, die ich gern wäre. Und das hohe Ansprüche in Bezug auf sämtliche Bereiche meines Lebens vor allem zu einem führen: Frust. Ich musste mir eingestehen, dass ich mich noch so sehr anstrengen kann. Ich werde trotzdem niemals all das erfüllen, was die perfekte Mutter, Partnerin, Freundin, Kollegin bzw. Mitarbeiterin, Tochter, Enkelin, Schwiegertochter und Hausfrau laut dem hoffnungslos unrealistischen Ideal in meinem Kopf zu leisten hat.
Als frischgebackene Mama fiel es mir zunächst sehr schwer, das einzuräumen. Wollte ich meinem Umfeld und mir doch so gern beweisen, dass ein Baby kein Grund ist kürzer zu treten. Jedoch musste sogar ich es irgendwann einsehen: Ein Tag hat 24 Stunden und meine Energie ist nicht unbegrenzt. Seit Junior mein Leben bereichert ist die zur freien Verfügung stehende Zeit knapper geworden. Und damit ich mich liebevoll und aufmerksam um Junior kümmern kann, muss ich mir auch Pausen und Zeit zur Erholung gönnen.
Damit das auch klappt, musste ich mich von meinem Perfekte-Mama-Bild verabschieden. Und Prioritäten setzen. Was ist mir wirklich wichtig? Wenn es mal nicht um Junior geht, womit möchte ich dann meine Zeit verbringen (von den Dingen, die dann mitunter noch erledigt werden müssen jetzt mal abgesehen)? Ist es mir beispielsweise derart wichtig, gut aussehend durch den Tag zu kommen, dass ich eine halbe Stunde vor Junior aufstehe und mich schminke und style? Möchte ich die Zeit, in der Junior seinen Mittagsschlaf macht für einen strafferen Körper investieren und in dieser Zeit zu Hause Sport treiben? Müssen es wirklich drei frische und selbst gekochte Gerichte täglich sein oder reichen nicht auch eines oder zwei vollkommen aus (so ein leckeres Brot hat doch schließlich auch was)? Junior macht mir einen glücklichen und zufriedenen Eindruck. Anscheinend braucht so ein kleines Menschlein gar keine perfekte Mama. Eine, die es gut genug macht, reicht vollkommen.
Nun könntet ihr glauben, dass die Feststellung, dass eben doch nicht alles möglich ist (egal wie sehr man sich das auch wünschen mag) für mich total frustrierend war. Doch das Gegenteil ist der Fall. Ehrlich zu sagen „Das kann und möchte ich leisten, hierfür fehlt mir jedoch im Moment die Zeit / Energie / Motivation“ (oder alles zusammen) war unglaublich befreiend. Kaum etwas ärgert mich mehr als liegengebliebene To-Dos bzw. unerreichte Ziele. Und durch den realistischeren Umgang mit meinen eigenen und – ich kann es wohl gar nicht oft genug schreiben – begrenzten Ressourcen gibt es viel weniger davon. Dafür fokussiere ich mich nun voll und ganz auf das, was mir wichtig ist und / oder Freude bereitet. Dass ich dadurch nun mit besserer Laune meinen Mama-Alltag bestreite ist nachvollziehbar, oder?
Ehrlichkeit + Klare Prioritäten = Gute Laune = #Mompositivity
Besonders schön an der ehrlichen Bestandsaufnahme ist, dass diese eine Art positiven Kreislauf in Gang gesetzt hat. Durch das Loslassen von den Dingen, die mich belasteten, da ich sie sowieso nicht anpacken konnte oder wollte und die Konzentration auf das, was mir am Herzen liegt, verbesserte sich meine Laune. Und wenn die Stimmung erstmal positiv ist, fällt es mir auch gleich viel leichter zu sehen, was ebenfalls gut ist. Dies gilt auch in Bezug auf meine Fähigkeiten als Mutter und mein Verhalten. Mein Blick für #Mompositivity ist geschärft.
Da bemerke ich dann beispielsweise, dass ich in einer Situation, in der ich früher aus der Haut gefahren wäre, gelassen geblieben bin. Oder mich nach einer anstrengenden Nacht und trotz Müdigkeit den gesamten Tag liebevoll, geduldig und aufmerksam um Junior gekümmert habe. Eine Alternative zu meiner (im früheren kinderlosen Leben zugegebenermaßen geliebten) Flucherei (ich berichtete bereits …) gefunden habe. Oder wie gut ich Geschichten vorlesen und Lieder singen kann. Oder mit Junior toben und ihn zum Lachen bringen. Oder, oder, oder …
Und nur so am Rande: All diese Kompetenzen haben nichts mit einem flachen Bauch, toll geföhnten Haaren, getuschten Wimpern oder stundenlangen Koch- und Backsessions in der Küche zu tun. So schön all diese Dinge auch sein mögen: Meine #Mompositivity hängt nicht von ihnen ab.
Eigenlob stinkt? Nö, ab und an darf man sich als Mama auch mal vor Augen führen was einen auszeichnet, was man gut macht und wie viel man täglich leistet. Ist ja nun nicht so, dass wir uns den ganzen Tag abfeiern. Denn ganz ehrlich: Für zu viel Selbstbeweihräucherung fehlt uns doch ohnehin die Zeit.
Dem Perfektionismus lächelnd zum Abschied winkend grüßt euch
eure Jana