Ob nun berechtigt oder nicht: Möchte Mama ihr Bald-nicht-mehr-Baby oder Kleinkind abstillen, rechnet sie mit einer größeren Herausforderung. Schließlich weiß der Nachwuchs den kuschligen Snack mittlerweile sehr zu schätzen. Was liegt da also näher, als sich auf die Suche nach hilfreichen Tipps zum Abstillen zu machen?
Bevor ihr euch jedoch durch die unzähligen, gern auch widersprüchlichen Ratschläge googlet und täglich euren ultimativen Master-Abstillplan neu konzeptioniert, solltet ihr euch Zeit für diesen ehrlichen, aber gut gelaunten Blogpost nehmen.
Neben der schonungslosen Wahrheit über die vielen Abstill-Tipps verrate ich euch schließlich auch, wie es garantiert nicht klappen wird mit dem Abschied von Mamas Brust. Und wie meinen Junior nach 28 Monaten viel entspannter als zunächst erwartet abgestillt habe.
Wenn die Abstill-Recherche Mamas Entschluss in Frage stellt
Es ist drei Uhr nachts. Oder sogar schon gegen fünf? Mein mittlerweile fast 28 Monate altes Kleinkind fordert lautstark „Mama-Milch!“. Doch ich möchte sie ihm jetzt nicht geben.
Tagsüber ist er seit mehreren Wochen abgestillt. Und die Nächte wollte ich nun auch endlich angehen. Eigentlich zumindest. Irgendwie hatte ich nach meinem total liebevollem, empathischem und doch klarem Monolog am Tage zum Thema Abstillen jedoch auf mehr, nun ja, kleinkindliches Verständnis gehofft.
Entnervt und unfassbar müde nach einer Nacht im gefühlten Kampf um meine Brust kapituliere ich. Auch wenn ich bereits jetzt weiß, wie sehr es mich ärgern wird, sobald mein Gehirn wieder zu Denkprozessen in der Lage ist.
Wie kann ich mein Kleinkind (eingermaßen) entspannt abstillen? Ich mache mich auf die Suche nach Tipps. Und befrage die nahezu unendlichen Weiten des Internets. Doch irgendwie fühle ich mich nach der Lektüre einiger Artikel überhaupt nicht bestärkt in meinem diesmal wirklich felsenfestem Entschluss. Oftmals schwingt da so ein „Bist du dir wirklich sicher, dass du das möchtest?“ mit.
Oder lese ich das vielleicht nur heraus, weil ich mir doch nicht so sicher bin? Nehme ich meinem Junior mit dem Abstillen etwas weg, was er eigentlich noch braucht? Muss ich jetzt etwa ein schlechtes Gewissen haben? Bin ich egoistisch? Egal ob nun von mir in die Artikel hinein interpretiert oder faktisch nicht zu leugnen: Ich kam ins Grübeln. Allerdings – und hier nun bitte Applaus – nur kurz. Denn mein Entschluss stand fest.
Der Wunsch abzustillen war nicht durch Druck von außen in mir entstanden. Und das schlechte Gewissen ließ ich diesmal nicht zu. Einfach weil ich wusste, dass ich mich vor niemandem rechtfertigen muss. Auch nicht vor meinem Kind. Ehrlicherweise war diese innere, unerschütterliche Einstellung meinerseits neu. Dazu komme ich aber noch …
In 687 Phasen abstillen oder: Oberstes Abstill-Gebot Langsamkeit?
Neben der umfassenden Aufklärung über die vielen Vorteile des Stillens auch für Kleinkinder (die wohl 99 Prozent der sogenannten „Langzeit“-Stillenden bereits vor dem Lesen durch eigene Erfahrung kennen) und eben dieser Frage, ob sich Mama denn jetzt echt sicher sei mit dem Milch-Abschied, fiel mir noch etwas auf.
Fast alle zitierten Fachleute und übers Abstillen berichtenden Mamas scheinen sich einig darüber zu sein, welches das oberste Gebot ist. Für Mutter und Kind sei es das Beste, wenn das Abstillen behutsam und langsam in Etappen erfolge. Da gibt es beispielsweise dieses berühmte 10-Nächte-Programm. Oder Posts, die über die 7 Phasen des Abstillens berichten.
Ich habe sie gelesen. Alle. Doch oftmals blieb ich etwas ratlos zurück. Denn wie zur Hölle kann man mitten in der Nacht so liebevoll und klar wie beschrieben auf ein im Zweifel ausrastendes Kind reagieren? Und das über mehrere Nächte hinweg? Von den darauffolgenden Tagen fange ich jetzt gar nicht erst an … Nein, irgendwie hielt ich den laaaaaaaaaangsamen Milch-Abschied für kein verlockendes Szenario.
Das es auch anders zu funktionieren scheint, las ich bei zwei geschätzten Mama-Bloggerinnen. Bei der Einen musste das Abstillen aus gesundheitlichen Gründen von jetzt auf gleich erfolgen. Die Andere erklärte ihrem Mädchen, dass es ab jetzt keinen Snack an Mamas Brust mehr gibt. Womit das Thema dann gegessen war. Weder die Kinder noch die Mamas schienen Probleme mit diesem plötzlichen Abschied zu haben. Und das ganz ohne Phasen, Pläne und Abstill-Stress. Kann es also sein, dass das Tempo in Wahrheit eher nebensächlich ist?
Deine Brust, deine Aufgabe oder: Die Wahrheit über Abstill-Tipps
Doch was ist stattdessen entscheidend? Aus meiner eigenen Erfahrung heraus bin ich zum Schluss gelangt: Das absolut Wichtigste beim Abstillen ist deine Entscheidung dazu. Jetzt denkst du dir vielleicht: Jana Patschehand, hör mal! Ich suche doch nicht nach Abstill-Tipps, wenn ich nicht wirklich abstillen wollte. Ja, das glaube ich dir. Doch so einfach ist es nicht.
Vor fast einem Jahr stillte ich Junior schon einmal nachts ab. Nach wenigen Wochen lag ein erkältetes, fiebriges Kind neben mir im Bett. Und ich wusste, dass nächtliches Stillen uns nun beiden ruhigere Nächte bringt. Vor einigen Monaten war das Thema Abstillen wieder aktuell. Doch ich ließ mir immer eine Hintertür offen.
„Erstmal die Nächte“ oder „Zu Beginn nur tagsüber“, „Wir gehen das schrittweise an“ … So und ähnlich lauteten meine Aussagen und Gedanken zum Thema. Hinzu kam dieses Gefühl, dass die Kuscheleinheiten Junior gut taten. Irgendein Grund, warum es jetzt der falsche Zeitpunkt wäre zum Abstillen, fand sich in der Vergangenheit immer. Der erste Kita-Winter, die aufregende Trennung inklusive Auszug von Juniors Papa oder meine zu große Müdigkeit, um das Thema anzugehen.
Doch wer so denkt und fühlt, braucht keine Tipps zu recherchieren. Und sich keinen Plan zurechtzulegen. Die schonungslose Wahrheit über Tipps zum Abstillen ist nämlich die: Sie taugen alle was. Oder sie taugen alle gar nix. Jeder Weg kann und wird funktionieren. Sofern du absolut sicher in deiner Entscheidung bist. So wie es deine Brust ist, um die es hier geht, ist das Abstillen auch deine Aufgabe. Die Verantwortung liegt bei dir. Und niemals bei deinem Kind.
Das wirklich Beruhigende ist: Du wirst es ganz von selbst merken, wann die Zeit zum Abstillen gekommen ist. Manchmal sind es bestimmte Anlässe wie ein Geburtsag oder die Freundin, die auch einen selbst mit dem Abstillen ihres Kindes zum Nachdenken anregt. Oder es ist ein immer stärker forderndes Kleinkind, dessen Wünsche nicht mehr zu vereinbaren sind mit Mamas Bedürfnissen. Was auch immer der Grund sein mag, der für dich ausschlaggebend ist: Er ist immer der Richtige.
So klappt es garantiert nicht oder: 3 Wege in den Wahnsinn
Gestillte Bedürfnisse verschwinden? Vom Warten auf den magischen Tag
Es ist der Glaubenssatz aller, die „Attachment Parenting“ bzw. die bedürfnisorientierte Erziehung in die Welt tragen. Auch ich konnte mich lange nicht der ungeheuer beruhigenden Wirkung der Aussage „Gestillte Bedürfnisse verschwinden“ entziehen. Was an zwei Dingen lag.
Wenn die gefühlt ganze Welt dir erklärt „Lass dein Kind bloß nicht an der Brust einschlafen“, „Den kriegst du nicht mehr aus deinem Bett raus“ oder „Wie soll er denn getragen jemals laufen lernen“, dann ist ein mantra-artiges Murmeln des (Glaubens)Satzes mehr als einmal die deeskalierende Rettung. Und wohl besser für alle Beteiligten …
Zur ganzen Wahrheit gehört aber auch die (selbst)kritische Auseinandersetzung mit den von selbst verschwindenen Bedüfnissen, sofern sie denn nur gestillt werden. Allzu leicht lässt sich die elterliche Verantwortung aus dem Blick verlieren. Und das gilt nicht nur in Hinblick auf den Nachwuchs, sondern auch bezüglich elterlicher (oder sollte ich schreiben mütterlicher?) Wünsche und Bedürfnisse.
Mama, lehn dich zurück! Dein Kind wird schon zur richtigen Zeit den richtigen Weg vorgeben. Ist es wirklich so einfach? Nun halte ich die Aussage nicht für grundlegend falsch. Doch um beim Beispiel stillen zu bleiben:
Junior wurde seit seiner Geburt gestillt. Es war für ihn auch Beruhigung, Nähe, Wärme. Aus welchem Grund sollte mein verkuschelter Schatz in absehbarer Zeit auf die Idee kommen, sich sozusagen von selbst abzustillen? Sogar ich als Erwachsene tue mich ja sehr schwer damit, bewährte Verhaltensweisen und Muster zu verändern. Und mache das auch nur, wenn es dafür mindestens einen handfesten Grund gibt. Wobei selbst der manchmal nicht ausreicht, um dem inneren Gewohnheitstier sanft in den Allerwertesten zu treten.
Doch welchen Grund könnte mein Kleinkind haben, Mamas Brust den Rücken zu kehren? Mag ja sein, dass gestillte Bedürfnisse verschwinden. Also eines Tages. Auf diesen magischen Tag wollte ich aber nicht mehr warten. Denn ich war nicht nur zu der Überzeugung gelangt, dass dieser Tag noch in sehr weiter Ferne liegt. Obendrein bemerkte ich auch, welche vollkommen unrealitische Erwartungshaltung ich meinem Kind gegenüber mittlerweile eingenommen hatte.
In einer Art kritischen Reflektionsprozess sollte meinem Zweijährigen sozusagen ein Licht aufgehen: „Ah, ich brauche das Stillen gar nicht mehr so wirklich! Und Mama wäre vielleicht etwas fitter, wenn ich mir einen neuen Lieblingssnack suche …“ Ich bin mir sicher: Auch die mit den hochbegabtesten Kleinkindern unter euch wären erstaunt über diese einfühlsame und komplexe Denkleistung.
Womit mal eines glasklar ist: Wenn Mama abstillen will, dann ist es ihre Verantwortung das Thema anzugehen. Stillen wider Willen? Sorgt eher über kurz als lang für Frust, Druck und Stress – bei Mama & Kind.
Kindliches Verständnis nach dem klärenden Gespräch? Vom zu viel verlangen
Und wo wir schon beim Thema überzogene Erwartungen sind, reiht sich auch dieser realitätsferne Abstill-Traum ein. Ja, so ein Gespräch mit dem Kleinkind ist wichtig. Und sicher auch hilfreich. Zu beachten gibt es aber so einiges. Denn wenn fürs Abstillen die felsenfeste Sicherheit der Mama in Kombination mit keinerlei schlechtem Gewissen entscheidend sind, dann sollte solch ein Gespräch natürlich auch keine Zweifel aufkommen lassen.
Es erspart viele Nerven, so ein Gespräch nicht als eine Diskussion auf Augenhöhe oder einen Appell fehlzudeuten. Dafür sind kleine Kinder einfach nicht gemacht (ja, ich finde auch das das manchmal anders wirkt). Die Verkündung des Abstill-Plans hat viel mehr Informationscharakter. Kurz, knapp und deutlich sagen wir, was Sache ist (und bleiben dann dabei – sonst können wir uns schon diesen Schritt sparen).
Damit der Nachwuchs eben nicht glaubt, dass er bei Mamas Entscheidung ein Wörtchen mitzureden hat, sollte so ein Entschluss beispielsweise nicht fragend vorgetragen werden. Ein „Ab heute trinkst du keine Mama-Milch mehr, ja?“ ist also zu vermeiden.
Auch mit Rechtfertigungen oder gar Entschuldigungen sollten wir vorsichtig sein. Mama hat ihre Gründe – Punkt. Unsere Kinder sind nicht dazu da, um unsere Entscheidungen zu legitimieren oder gar gutzuheißen. Ach, diese Sache mit der Verantwortung wieder … Ebenso logisch ist natürlich, dass auch das klarste Gespräch unserem Nachwuchs nicht den Abschiedsschmerz nehmen kann. Es stellt eher den Startpunkt des Abstillens bzw. dieses Prozesses dar.
Muss ich diesen Konflikt jetzt aushalten? Vom Schummeln und Hadern
Stichwort Abschiedsschmerz: Wie verlockend ist es, sich nicht mit den irgendwie ja auch unangenehmen kindlichen Gefühlen und dem Ausdruck dieser auseinander setzen zu müssen? Zumal das Abstillen ja auch in jeder Mama einiges auslöst. Da kann schon mal die Idee aufkommen, den Konflikt (Kind will stillen – Mama aber nicht mehr) sozusagen outzusourcen. Soll halt Papa den Nachwuchs beruhigen. Vielleicht fährt Mama gleich mal ein paar Tage weg? Oder es wird zu einem Trick gegriffen, um Mamas Brust als neue No-Go-Area zu etablieren.
Doch so leicht und verlockend das Umgehen der unangenehmen Gefühle auf einige Mamas wirken mag. Eine Lösung ist es nicht. Was wird unserem Kind denn da von seinem Vorbild vorgelebt in Sachen Herausforderungen meistern? Außerdem ist so ein von sich weggeschobenes Ende einer langen Stillbeziehung insofern problematisch als das dem Kind nicht der Raum gegeben wird, den es jetzt bräuchte.
Eine sichere, im Kontakt mit ihrem Kind stehende Mama ist beim Abstillen jeder Hürde gewachsen. Und am Ende oft erstaunt, wie leicht es dann doch war.
Mein abgestilltes Kleinkind: So hat es bei uns geklappt
Ja, und wie hat es jetzt im Hause Patschehand mit dem Abstillen geklappt?
Wie bereits geschildert, passte es nun erstmals mit meiner inneren Einstellung. Vollkommen befreit vom schlechten Gewissen und mit dem Gefühl, dass genau jetzt der richtige Zeitpunkt war, beschloss ich: Das wars!
Da ich beim nächtlichen Abstillen die größere Hürde sah, beschloss ich zuerst tagsüber abzustillen. Um diese Hintertür jedoch nicht erneut zu lange offenzuhalten, hatte ich bereits festgelegt, wann auch in den Nächten keine Milch mehr fließt.
Zu sehr ins Detail möchte ich an dieser Stelle übrigens ganz bewusst nicht gehen: Ich bin fest überzeugt davon, dass jede Mama das genaue Abstill-Wie selbst finden wird. Wenn Hadern und Gewissensbisse nicht (mehr) im Weg stehen. Denn nun gehöre auch ich zu den Mamas, die sich innerlich auf eine lange, anstrengende Abstill-Phase einstellten. Und sich schon als fertiger Mombie durch die Gegend schlurfen sahen. Im Rückblick jedoch feststelle: Der Milch-Abschied war leichter als gedacht. Und für mich die richtige Entscheidung. Müde durch die Gegend schlurfe ich jedoch auch jetzt noch hin und wieder.
Denn wer beim Vorlesen oft früh mit seinem Kind wegdöst, der darf die im Schlaf getankte Energie gleich in randvollen Tagen nutzen …
Garantiert laktosefreie Grüße schickt
eure Jana