Während meiner Schwangerschaft dachte ich kaum weiter als bis zu Juniors Geburt. Ich hatte große Angst vor den Schmerzen und fragte mich, ob ich diesem Kraftakt überhaupt gewachsen bin. Mir wurde klar, dass meine Angst mir eine unkomplizierte und insgesamt schöne Schwangerschaft (ja, eine Menge Beschwerden gehören wohl leider dazu) kaputt macht und während der Geburt sicher auch nicht hilft.
Also habe ich nach Hilfe gesucht. Ich wollte die Angst vor der Geburt überwinden und stieß dadurch auf das „Hypnobirthing“. Ein Kurs war allerdings nicht mehr vor dem errechneten Geburtstermin möglich. Ich bestellte mir also ein Buch zum Thema und war fest entschlossen, mir diese Methode selbst anzueignen …
Ob „Hypnobirthing“ ohne Kurs und stattdessen nur mit Buch bei mir funktioniert hat, könnt ihr in diesem Erfahrungsbericht nachlesen.
Meine Assoziationen zur bevorstehenden Geburt: Schmerz, Blut und ohnmächtige Männer
Ich muss etwa im vierten Schwangerschaftsmonat gewesen sein, als mich plötzlich wieder dieses Gefühl packte. Ich konnte es einige Zeit gut verdrängen, auch durch die ständige Übelkeit und Müdigkeit zu Beginn meiner Schwangerschaft. Doch nun war sie wieder da. Und das heftiger als bisher. Vielleicht lag es auch daran, dass meine Beschwerden ab dem vierten Monat für ein paar Wochen echt auszuhalten waren (ich hatte Kreislaufprobleme, sonst ging es mir aber ganz gut) und mein Kopf so wieder Freiraum sah, um zu grübeln. Welches Gefühl mich da plötzlich wieder heimgesucht hatte? Die Angst vor der, in wenigen Monaten unweigerlich bevorstehenden, Geburt.
Schon bevor ich schwanger war und nur abstrakt über ein Kind nachdachte, war die Geburt etwas, dass mir Angst machte. Ich assoziierte vor allem unfassbare Schmerzen, viel Blut und ohnmächtige Männer mit der Entbindung eines neuen Erdenbürgers. Immerhin wurden diese negativen Gedanken mit dem positiven Schwangerschaftstest nicht stärker. Aber leider eben auch nicht besser.
Mutmacher dringend gesucht
Neugierig wie ich nun mal bin und auf aufbauende Worte hoffend, befragte ich seit Beginn meiner Schwangerschaft jede Frau in meinem Umfeld, die bereits eine oder sogar mehrere Geburten überstanden hat. Doch verbessert haben diese Verhöre leider gar nichts. Da gab es die Mütter, die auf mich den Eindruck machten, als würden sie sich darüber freuen, mir etwas voraus zu haben. Sie erkundigten sich gern nach meinem Befinden und egal was ich antwortete („Dies und das, aber insgesamt alles gut.“ oder auch „Dies, das und jenes. Ganz schlimm!“), sie erwiderten immer und meist mit einem wissenden Lächeln: „Na, warte mal ab. Das wird noch viiiiiel schlimmer.“ Kamen wir auf die Geburt zu sprechen, so ging es ähnlich optimistisch weiter. Eine Geburt müsse man sich vorstellen wie den schlimmsten Schmerz, den man je kennenlernen musste. Nur 100 oder gar 1000 mal stärker. Ach ja. Vielen Dank dafür.
Natürlich waren nicht alle befragten Frauen so negativ. Die anderen Mütter sagten mir, dass eine Geburt zwar furchtbare Schmerzen mit sich bringt. Aber der Körper der Frau sei dafür gemacht und durch die Massen an Hormonen, die bei der Geburt ausgeschüttet werden, ist das irgendwie auch alles nicht so schlimm. Und das tolle Gefühl nach der Geburt nehme einem keiner. Zitat: „Du fühlst dich wie eine Königin und bist stolz auf dich.“. Gut, dass mit der Königin klang schon mal wesentlich aufbauender als die schrecklichen Schmerzen, von denen ich ja noch keine Vorstellung hätte. Aber meine Angst war immer noch da. Und die fiesen Assoziationen auch.
Ich hatte große Bedenken, ob meine Angst nicht dafür sorgen könnte, dass sich meine schlimmsten Befürchtungen rund um die Geburt bewahrheiten. Eine selbsterfüllende Prophezeiung sozusagen. Und da ich das auf jeden Fall verhindern und mich die nächsten Monate nicht von dieser Angst bestimmen lassen wollte, wurde ich aktiv.
Ängste abbauen mit „Hypnobirthing“?
Direkt als mich die Angst wieder, wie eingangs beschrieben, packte, begann ich im Netz zu recherchieren. Was mache ich bei starker Angst vor der Geburt? Nach einigen Beiträgen in Foren, in denen manch werdende Mutter sogar über einen Wunschkaiserschnitt nachdachte (ein Kaiserschnitt gehörte zu meinen absoluten Horrorvorstellungen und ich bin sehr froh, dass ich natürlich entbinden konnte), stieß ich schließlich auf die Methode des „Hypnobirthings“. Alles was ich darüber las, gefiel mir sehr gut. Unter anderem erfuhr ich, dass es mit dieser Methode möglich sein soll, ein Baby fast oder sogar ganz ohne Schmerzen zu gebären. Wenn das mal nicht super klingt!
Flott suchte ich nach entsprechenden Kursen in meiner Nähe. Doch leider war ich wohl nicht die einzige werdende Mama, die ihre Angst vor der Geburt abbauen wollte und „Hypnobirthing Berlin“ ins Suchfeld tippte. Und so sah ich ausgebuchte Kurse über ausgebuchte Kurse.
Die Preise für die „Hypnobirthing“-Kurse fand ich ehrlich gesagt auch erstmal abschreckend. Meine Angst war aber so groß, dass ich diese Summe sogar investiert hätte (wer mich kennt, weiß von meinem Hang zur Sparsamkeit).
Anzumerken ist zu dem zunächst hoch erscheinenden Preis für einen solchen Kurs jedoch, dass die Kursleiterinnen einige Ausgaben abzudecken haben, an die Interessierte wie ich zunächst nicht denken. Zu den Kosten für die Kursleitung gehören unter anderem die eigene Aus- und Fortbildung, die Vor- und Nachbereitung des Kurses sowie die Zeit in diesem, die Werbung für das Angebot, die Anfahrt, die Miete für die Räumlichkeiten sowie Materialien und Pausenverpflegung der Teilnehmenden.
Ich wollte unbedingt versuchen, meine Angst in den Griff zu bekommen und da kein Kurs mehr verfügbar war, musste ich eben einen anderen Weg finden. Und schwupps war das Buch „Mama werden mit Hypnobirthing: So bringst du dein Baby vertrauensvoll und entspannt zur Welt. Mit Audio-Downloads„* von Bianca Maria Heinkel und Jhari Gerlind Kornetzky in meinem Warenkorb gelandet. Es hatte einige positive Bewertungen und das Bild auf dem Cover sprach mich sofort an.
Zu sehen ist eine Frau, die ein Baby im Arm hält. Dabei sieht die Frau so zufrieden aus und strahlt eine derartige Liebe aus, dass ich tatsächlich glauben könnte, es ist eine glückliche Neu-Mama mit ihrem Nachwuchs. Die Worte „entspannt“ und „vertrauensvoll“ im Untertitel des Buches und vor allem im Zusammenhang mit einer Entbindung taten ihr übriges. Dann wurde auch noch mit Audio-Downloads geworben, von denen ich mir besseren Zugang zur Methode und ein besseres Erlernen in Eigenregie erhoffte.
Selbst ist die Frau …
Wenig später war das Buch angekommen und sofort begann ich mit dem Lesen. Mir gefiel die Gestaltung und der Schreibstil des Buches von Anfang an sehr gut. Es bietet tolle Fotos, gut gemachte Grafiken und ist sinnvoll gegliedert. Bevor ich mit den Übungen begann, las ich zunächst alles zur Methode des „Hypnobirthings“, welche Ziele diese hat und die Erfahrungsberichte. Ganz toll finde ich, dass sich ein Kapitel direkt an die werdenden Väter wendet. Allein die Tipps zur guten Unterstützung der Mutter im Wochenbett am Ende des Buches sind Gold wert.
Ohne überhaupt mit den Übungen begonnen zu haben, hat das Buch mir eine neue Perspektive auf die Geburt eröffnet. Beim Lesen entwickelte ich nach und nach Vertrauen in meinen Körper und mein Baby. An vielen Stellen wurde ich zum Nachdenken darüber angeregt, warum ich so negativ über die Geburt dachte. Die positiven und ermutigenden Begriffe, die rund um die Entbindung beim „Hypnobirthing“ verwendet werden, gefielen mir sehr gut.
Ich muss allerdings zugeben, dass die etablierten Worte so fest bei mir verankert sind, dass die Alternativen kaum in meinen Sprachgebrauch übergingen. Das beste Beispiel sind die Wehen, die, wie die Autorinnen korrekt anmerken, bereits nach Schmerzen klingen. Im „Hypnobirthing“ nennt man diese „Wellen“. So gut „Welle“ auch passen mag, ich sprach meist weiterhin von „Wehen“.
Das zentrale Ziel des „Hypnobirthings“
Sehr wichtig für mich war die Erkenntnis, dass das Ziel von „Hypnobirthing“ nicht in einer schmerzfreien Geburt liegt. Man sollte also nicht mit den Übungen beginnen und sich sagen: „Wenn ich das durchziehe, dann habe ich keine Schmerzen bei der Geburt.“. Das war zunächst eine Enttäuschung für mich, denn ehrlich gesagt hatte ich mir genau so eine Wundermethode erhofft.
Hauptanliegen des „Hypnobirthings“ ist, dass die Frau ohne Angst gebären kann. Um dieses Ziel zu erreichen, bietet das Buch unter anderem positive Sätze, sogenannte Affirmationen. Von diesen Vorschlägen sucht sich die Schwangere einige aus oder entwickelt selbst Formulierungen und wiederholt diese immer wieder geistig. So können diese, ich nenne sie jetzt mal einfach so, Mantras dann die nötige Stärke bei der Geburt verleihen.
Übung macht die Meisterin
Neben drei Sätzen, die ich mir aus den Vorschlägen ausgesucht hatte, begann ich bald auch mit den Übungen. Vor allem die Übungen, welche zu Beginn empfohlen wurden und der Steigerung der Achtsamkeit dienen sollten, fielen mir unglaublich schwer. Da lag ich also und versuchte mich auf meinen Körper zu konzentrieren, an dem ständig irgendwas zwickte, rumpelte oder schlicht schmerzte und einfach nur wahrzunehmen. Ich sollte nicht bewerten. Das war für mich anfangs echt ein Ding der Unmöglichkeit. Wie soll ich denn Schmerzen nicht bewerten? Mein Impuls ist da einfach rumzumeckern oder zu jammern, wie schwer ich es doch habe (wenn auch nur innerlich). Doch ich blieb am Ball und es wurde langsam besser. Meine Gedanken schweiften seltener ab und ich nahm einfach nur wahr. Mit der Zeit gefielen mir die Achtsamkeitsübungen richtig gut.
Nicht alle Übungen aus dem Buch habe ich ausprobiert, sondern mich auf die bereits beschriebenen Affirmationen, Achtsamkeitsübungen und schließlich die Audio-Übungen konzentriert. Die Audio-Übungen wurden zu meinen Favoriten, da es mir mit Unterstützung der angenehmen Stimme und Musik wesentlich leichter fiel, mich auf diese zu fokussieren. Jeden Tag übte ich „Die große Kraft der kleinen Pause“, da ich danach total entspannt und erholter war. Diese Übung mache ich übrigens heute noch sehr gern (der Babymann schläft dann neben mir und ich lausche der Stimme aus meinen Kopfhörern).
Zwischen Respekt und Vorfreude
Je näher der Geburtstermin rückte, desto größer war mein Vertrauen darin, eine unkomplizierte und natürliche Geburt zu erleben. Ich hatte keine Angst mehr, sondern war hin- und hergerissen zwischen Respekt vor dem bevorstehenden Kraftakt und Vorfreude auf den Moment, in dem ich endlich mein Baby begrüßen darf.
Eine vertrauensvolle Geburt?
Nach einigen Monaten mit mal mehr und mal weniger regelmäßigen „Hypnobirthing“-Übungen (neben der Arbeit war schließlich auch der Umzug im Sommer noch zu wuppen) war es dann am 20. Oktober 2016 schließlich soweit.
Die Eröffnungsphase hielt ich gut aus, wobei ich etwas neben mir stand und auf Gesprächsangebote oder Fragen, die Papa Junior an mich richtete, nicht reagierte. In dieser Phase halfen mir die eingeübten Mantras / Affirmationen. Vor allem der Gedanke, dass mich jede „Welle“ näher zu meinem Baby bringt, half mir in dieser Phase.
Je länger die Geburt dauerte, desto stärker spürte ich vor allem eines: Schmerzen. Für mich am unangenehmsten waren die Phase, in der ich noch nicht mitpressen durfte, aber schon diesen unfassbaren Druck spürte und das Finale. Dieser Schmerz musste irgendwo hin – also schrie ich ziemlich laut. Doch in den Wehenpausen war ich komplett schmerzfrei. Ganz plötzlich. Dieser abrupte Wechsel zwischen extremen Schmerzen und keinerlei Beschwerden erstaunte mich. Und in diesen Sekunden des Krafttankens dachte ich tatsächlich immer wieder an meine positiven Affirmationen. Allerdings gelangte ich weder in einen tranceartigen Zustand, noch kann ich von einer schmerzarmen Geburt sprechen.
Mein Fazit zum „Hypnobirthing“ in Eigenregie
Die Geburt tat höllisch weh. Ist mein Urteil zum „Hypnobirthing“ in Eigenregie deshalb negativ? Nein, ist es nicht.
Obwohl ich Schmerzen hatte, war meine Geburt sehr gut (vor allem für eine Erstgebärende): Sie war interventionsarm, ohne Komplikationen und schnell (03.30 Uhr Wehenbeginn, um 07.00 Uhr im Krankenhaus, Juniors Geburt um 13.37 Uhr). Gleich nach der Geburt konnte Junior bei mir zum ersten Stillen angelegt werden. Dafür bin ich sehr dankbar. Ich hatte während der Geburt immer das Gefühl, dass mein Körper und mein Baby genau wissen, was zu tun ist. Dieses Vertrauen und diese Zuversicht hätte ich ohne das „Hypnobirthing“ nicht gehabt.
Allerdings muss ich an dieser Stelle anmerken, dass wir absolutes Glück mit der Betreuung durch die Hebamme während der Geburt hatten und dies sicher auch einen bedeutenden Einfluss auf das positive Erlebnis hatte (siehe hierzu auch meinen Beitrag, in dem ich mir meine Geburt #OhneHebamme vorstelle).
Das Buch und die Übungen haben außerdem meine Schwangerschaft angenehmer gemacht, da mich die Angst vor der Geburt immer weniger quälte. Der positive Blick auf das Wunder der Geburt hat es mir leichter gemacht, mich auf meinen kleinen Sonnenschein zu freuen.
Da ich leider keinen Kurs zur Erlernung des „Hypnobirthings“ besucht habe, ist mein Einblick in die Methode sehr eingeschränkt. Vielleicht hätte ich die Schmerzen weniger intensiv wahrgenommen, wenn ich in einem Kurs unter Anleitung geübt hätte. Wer keine Vorbehalte gegenüber der Methode hat, ist sicher gut in einem „Hypnobirthing“-Kurs aufgehoben.
Auch das Kennenlernen der Methode in Eigenregie würde ich empfehlen. Ich bin sicher nicht die Einzige, die durch die Beschäftigung mit den negativen Gedanken und Übungen, Ängste verringern konnte.
Was habt ihr gegen die Angst vor den Geburtsschmerzen unternommen? Oder kennt ihr dieses Gefühl vielleicht gar nicht? Ich freue mich, wie immer, sehr über eure Erfahrungen.
Ganz bei sich selbst und einigermaßen entspannt grüßt
eure Jana
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