Auch wenn ich es mir noch überhaupt nicht vorstellen kann und möchte: Irgendwann endet die Elternzeit und ich muss wieder arbeiten gehen. Doch möchte ich beruflich überhaupt da weitermachen, wo ich vor Juniors Geburt aufgehört habe?
Wäre jetzt nicht die beste Zeit, um das schon so lang zurückgestellte Studium zu beginnen? In welche Richtung möchte ich mich beruflich entwickeln und was heißt das für mein Leben mit Junior und Papa? Wann ist das beste Alter, um Junior in die tägliche Betreuung zu geben? Verlängere ich meine Elternzeit, auch wenn es finanziell dann sehr eng wird (ich blende an dieser Stelle mal kurz die derzeitige Betreuungssituation in Berlin Friedrichshain aus und beantworte diese Frage davon losgelöst – im Jammertal dann aber bald mehr hierzu)?
So viel ist klar: Meine Entscheidung, wie sie auch ausfällt, hat gravierende und langfristige Auswirkungen. Mit jeder Option sind Hoffnungen, Träume, aber auch Risiken verbunden.
In diesem Artikel befasse ich mich mit der Frage, die vielleicht auch einige von euch umtreibt: Soll ich beruflich Neues wagen oder doch auf Sicherheit setzen? Lest hier, wie ich mich entschieden habe und welche Beweggründe mich zu dieser Entscheidung brachten.
Die Zeit verfliegt …
Vor 7 1/2 Monaten begann meine Elternzeit. Es ist unglaublich, aber damit ist, zumindest laut meines damaligen Antrages, die Hälfte dieser so schönen und erkenntnisreichen, aber mitunter auch anstrengenden Zeit bereits vorbei. Nun habe ich schon vor ein paar Monaten, gemeinsam mit Papa Junior, entschieden, dass Junior im Alter von einem Jahr noch nicht fremdbetreut werden soll. Geplant ist eine Verlängerung meiner Elternzeit um weitere sechs Monate. Wobei ich eine weitere Verlängerung der Elternzeit nicht ausschließen kann und möchte, da Pläne ja grundsätzlich eine feine Sache sind, das echte Leben diese aber bekanntermaßen ja auch ab und an durchkreuzt. Vor allem davon, ob wir für Junior eine Betreuung finden, bei / in der er sich wohlfühlt, hängt der Zeitpunkt meines Jobeinstiegs ab.
Die Entscheidung, meine Elternzeit zu verlängern, haben wir uns nicht leicht gemacht. Ausschlaggebend war mein Gefühl, dass es das Beste für Junior und mich ist, wenn wir dieses halbe Jahr noch gemeinsam genießen können. Denn natürlich gibt es auch Nachteile durch diese verlängerte Auszeit vom Job. Während der Extra-Monate werde ich kein Elterngeld mehr erhalten und da Papa Juniors Gehalt allein nicht ausreichen wird, werden wir auch auf unsere Ersparnisse zurückgreifen müssen. Andererseits: Gibt es einen schöneren Grund als ein Kind, um das Sparschwein zu plündern?
Ist meine Arbeit sinnvoll?
Doch diese Entscheidung war, im Vergleich zu den weiteren Fragen rund um meine berufliche Zukunft, noch harmlos. Seit Juniors Geburt hat sich mein Leben komplett verändert. Prioritäten haben sich verschoben. Bestimmte Werte gewannen an Bedeutung, während andere Dinge in den Hintergrund traten. Was ist mir wichtig und was wünsche ich mir für meine Zukunft? Dies waren früher die zentralen Fragen für mich. Doch seit der kleine Sonnenschein mein Leben bereichert, lauten die Fragen: Was wünsche ich mir für meine Familie und welche Werte möchten wir leben?
Natürlich hinterfragte ich, in Hinblick auf diesen Fragenkompass, auch meine Arbeit in der Berliner Verwaltung. Lässt sich diese Tätigkeit mit den Wünschen für mein Familienleben und meinen Werten vereinbaren? Ist meine Arbeit sinnvoll? Erfüllt sie mich? Zunächst tat ich mich, vor allem mit der Beantwortung der letzten zwei Fragen, schwer.
Seit ich den Alltag als Neu-Mama bestreite, hatte ich so häufig mit Frauen zu tun, die so unglaublich wichtige Arbeit leisten und damit vielen Familien helfen. Damit meine ich die Hebammen, Sozialpädagoginnen in den Familienzentren, Stillberaterinnen und die ehrenamtlichen Helferinnen, die ich in den letzten Monaten kennenlernen durfte. Sie alle fragen sich am Ende des Tages sicher nicht, ob ihre Arbeit heute sinnvoll war oder nicht. Von ihrer Unterstützung und ihrem Rat profitieren so viele Menschen, die sich gerade in einer aufregenden und herausfordernden Situation befinden. Und wie vielen Menschen habe ich nach einem Arbeitstag mit meinem Bürojob geholfen? Dieser Gedanke ging mir immer wieder durch den Kopf.
Wäre ein beruflicher Neustart, gerade mal vier Jahre nach dem Abschluss meiner Ausbildung, eine Option für mich? Und wenn ja, wie sollte dieser aussehen? Diffuse Ideen und schon lang gehegte Träume gingen mir durch den Kopf. Doch um Neues zu wagen, passte einfach zu wenig bei jeder meiner durchdachten Optionen. Insbesondere die finanzielle Sicherheit und Unabhängigkeit war ein Aspekt, an dem ich nicht weiterkam. Und da ich nun nicht mehr nur für mich allein verantwortlich bin, ist dies ein enorm bedeutsamer Faktor für mich. Und so beschloss ich meine Lust aufs Schreiben zum Hobby zu machen und in diesem Blog auszuleben 😉
Hinzu kommt, dass mir, trotz dieser Frage nach dem Sinn, immer klar war, dass mein Job viele Vorteile bietet. Ich bin zwar keine Beamtin, jedoch ist meine Anstellung ebenso sehr sicher. Ich verdiene ein angemessenes Gehalt, das bei meiner Ausbildung vergleichbar mit der freien Wirtschaft ist, profitiere jedoch von den flexiblen Arbeitszeiten und wenigen Überstunden (bis auf einige und regelmäßg wiederkehrende Ausnahmen). Meine Kolleginnen und Kollegen sind toll und mein Arbeitsweg ist ausgesprochen kurz. Außerdem machte mir die Arbeit meist Spaß. Und ja, es mag sein, dass ich mit meiner Arbeit Menschen nicht auf die Art helfe, wie es beispielsweise eine Hebamme tut. Doch ich erachte meine Tätigkeit als sinnvoll und sie lässt sich mit meinen Werten vereinbaren.
Als ich mir diese positiven Aspekte meines Jobs vor Augen geführt hatte, war klar, dass ich diesem treu bleiben möchte. Es war wichtig für mich, die Entscheidung für meine Arbeit bewusst, und damit ein zweites Mal, zu treffen. Doch damit waren immer noch längst nicht alle Fragen geklärt.
Und wo bekomme ich jetzt noch das Studium unter?
Ursprünglich hatte ich immer vor zu studieren. Doch als ich keinen Platz für das Wunschstudium bekam und die Zahl der Wartesemester sah, beschloss ich, eine Ausbildung zu beginnen. Studieren kann ich ja schließlich auch danach. Seit Ausbildungsende im Sommer 2013 überlegte ich zwar immer wieder, ein Teilzeit-, Abend- oder Fernstudium zu beginnen, doch Nägel mit Köpfen machte ich nie. Immer passte etwas nicht oder wie durch Zauberhand war wieder eine Frist knapp verpasst. Dann wurde ich schwanger und sagte zu meinem Chef, dass ich jedoch trotzdem noch vorhabe, bald ein Studium zu beginnen. Allerdings stelle ich nun im Babyalltag ernüchtert fest, dass das gar nicht so leicht wird.
Natürlich möchte ich gern beruflich vorankommen. Doch ich möchte auch, und das hat nun mal oberste Priorität, Zeit für meinen Sohn und Papa Junior haben. Da ein Vollzeitstudium aus finanziellen Gründen nicht in Frage kommt, müsste ich trotzdem noch (natürlich mit reduzierter Stundenzahl) arbeiten gehen. Dabei sollte aber auch noch Zeit für die schönen Seiten des Lebens, Freunde und Familie bleiben. Es ist wohl ein geradezu unmögliches Unterfangen, all diese Wünsche und Ziele gleichzeitig umzusetzen. Und deshalb musste ich auch hier Prioritäten setzen und Vor- und Nachteile abwägen.
Mir wurde auch klar, dass es wohl kein Zufall war, dass es bereits vor meiner Schwangerschaft nicht mit dem Studium klappte. Hätte eines meine Leidenschaft und Lust aufs Lernen entfacht, hätte ich mich sicher für diesen Weg entschieden. Und da ich nicht unglücklich und erschöpft auf gefühlt hundert Hochzeiten tanzen möchte, habe ich mich für die nächsten Jahre gegen ein Studium entschieden. Vielleicht gehe ich dieses Thema nochmal an, wenn Junior größer ist. Doch nun haben in meinem Leben andere Dinge eindeutig Vorrang. Mit dieser Entscheidung fiel mir eine große Last von den Schultern. Das jahrelange Hadern und Nachdenken hat, in diesem Bereich, nun erstmal ein Ende.
Natürlich kann man mir vorwerfen, dass ich mich freiwillig in alte Rollenbilder begebe und meine berufliche Weiterentwicklung für Kind und Partner unterodne. Und ja, ich stelle meine beruflichen Ziele zurück. Doch bei genauerer Betrachtung meiner Situation, stelle ich fest, dass es zwar sehr leicht ist, meine vorläufige Entscheidung gegen das Studium mit Junior zu begründen. Doch so ganz stimmt das wohl nicht. Wie ich bereits erwähnt hatte, konnte mich, seit meines Ausbildungsabschlusses, kein Studienangebot so begeistern, dass ich da riesige Lust drauf hatte. Ein Studium war eher ein Punkt auf meiner To-Do-Liste. Im Sinne von: Du hast Abi, willst ein bisschen mehr Geld verdienen und spannende Aufgaben übernehmen – also musst du studieren. Wahre Leidenschaft klingt anders, oder?
Und so soll es sein …
Und so müsste der Satz wohl in Wahrheit lauten: Meine Ambitionen, ein Studium zu beginnen, sanken proportional zur vergangenen Zeit seit meines Abiturs (das war 2009). Wenn ich voll hinter etwas stehe, dann ziehe ich es auch konsequent durch. Doch wenn diese Motivation aus meinem Inneren heraus fehlt, dann wird es schwer.
Als ich mich vor ein paar Wochen mit meinem Chef traf, um meinen beruflichen Wiedereinstieg etwas genauer zu umreißen, teilte ich ihm meinen Entschluss mit. Er hatte schon vor meiner Schwangerschaft vermutet, dass ich in absehbarer Zeit nicht studieren werde. Denn seine Erfahrung deckt sich mit meiner Erkenntnis: Je länger der Besuch der letzten Bildungseinrichtung her ist, desto schwieriger ist der Weg zurück in eine solche.
Ich sagte ihm auch ehrlich, dass ich noch nicht weiß, ob mein Wunsch, ab April 2018 wieder arbeiten zu gehen, in Erfüllung geht. Die Situation rund um die Kinderbetreuung ist in Berlin Friedrichshain derzeit eine Katastrophe. Wer weiß, wann wir einen Platz in einer Einrichtung (ein Kinderladen hat es mir ganz besonders angetan – bitte drückt die Daumen) bekommen, in der wir Junior mit gutem Gefühl betreuen lassen. Ob Junior sich dann auch dort wohlfühlt, steht ja auch nicht fest und ich habe mir vorgenommen, ihm die Zeit zu geben, die er braucht. Auch, dass ich noch nicht weiß, ob eine Rückkehr in Vollzeit für mich möglich ist, sagte ich meinem Chef. Natürlich war er nicht ganz glücklich mit diesen unpräzisen Aussagen. Doch er hat selbst eine kleine Tochter und versteht somit glücklicherweise, dass Junior nun für mich an erster Stelle steht. Und das langfristige Planungen mit Babys in Juniors Alter eben auch schwierig sind.
Was habe ich für ein Glück, die Wahl zu haben …
Ich bin mir bewusst, dass ich es mit den vielen, zu treffenden, Entscheidungen vegleichsweise sehr gut habe. Viele Frauen haben diese Wahlmöglichkeiten nicht. Sie können die Elternzeit nicht um einige Monate verlängern, da ein Gehalt auch bei ihnen nicht ausreicht und Ersparnisse nicht vorhanden sind.
Für viele Mütter stellt sich heutzutage nicht die Frage, ob sie in Voll- oder Teilzeit wieder arbeiten gehen: In der einen Familie muss ein zweites, volles Gehalt verdient werden und in der anderen Familie ist die Mama alleinerziehend und kann ihr unglaubliches Pensum nur mit einer Teilzeitanstellung leisten.
Ich bin wirklich dankbar, das Glück zu haben, aus mehreren Optionen wählen zu können. Daraus besteht, aus meiner Sicht, auch echte Emanzipation. Aus der Freiheit, als Frau entscheiden zu dürfen, welches Leben zu mir passt und mich glücklich macht. Und dieses dann auch leben zu können.
Hier berichte ich von meinen ganz persönlichen Entscheidungen. Meine Hoffnung ist, dass sie sich als gut für uns erweisen werden. Ich bin der felsenfesten Überzeugung, dass jede Mutter, die vor ähnlichen Entscheidungen stand und steht, ebenso die besten Absichten hat. Und aus diesem Grund habe ich auch für die Frauen Verständnis, die den Neuanfang gewählt oder sich gegen einen beruflichen Wiedereinstieg entschieden hätten bzw. haben. Jede Neu-Mama steht hier vor ihren ganz eigenen Herausforderungen und zu klärenden Fragen.
Berufliche Sicherheit oder Neuanfang? Fremdbetreuung für mein Kind oder nicht? In Voll- oder Teilzeit arbeiten? Ich wünsche allen Neu-Mamas viel Kraft, um diese wichtigen Fragen anzugehen. Aber bei eins könnt ihr euch wohl jetzt schon sicher sein: Egal, wie ihr euch entscheidet. Es wird immer jemanden geben, der euch dafür kritisiert. Und egal, wie ihr es macht: Ihr werdet wohl immer etwas finden, dass euch ein schlechtes Gewissen bereitet.
Wenn sich dieses bei mir meldet, werde ich euch davon berichten. Bis dahin freue ich mich, vorläufig ein paar Dinge mit mir geklärt zu haben.
Optimistisch in die Zukunft blickende Grüße,
eure Jana